Historisch verwendete Baustoffe

Früher standen für die Auswahl der Baumaterialien die regionale Verfügbarkeit, Haltbarkeit und einfache Reparatur im Mittelpunkt. Als historisch verwendete Baustoffe gelten jene Materialien, die man bei alten Gebäuden etwa bis zum Zweiten Weltkrieg verwendete und die heutzutage nicht mehr in Gebrauch sind. Im weiteren Sinne umfasst der Begriff jene Stoffe, die man zum Erhalt von historischen Gebäuden werterhaltend durch Rückbau gewinnt.

Arten von Baustoffen

Zu den bekanntesten Baustoffen dieser Art gehören Lehm, Holz, Naturstein, Ziegel und Kalk. Veraltete Baustoffe wie Torfit und Steinkohlenteer lassen sich ebenfalls in diese Kategorie einordnen. Einige historisch verwendete Baustoffe sind auch heute noch beliebt, denn sie sind baubiologisch einwandfrei und unbedenklich für die Umwelt. Mittlerweile steigt die Nachfrage nach Backsteinen, Bodendielen, Fachwerkbalken, Türen und Fenstern aus Holz, Pflastersteinen oder Trittplatten aus Naturstein.

Lehm

Durch die weite Verbreitung und allgemeine Verfügbarkeit zählt Lehm neben Holz zu den ältesten Baustoffen der Welt, sowohl ungebrannt als auch in gebrannter Form als Ziegel. Lehmbautechniken sind seit mehr als 9000 Jahren bekannt und kommen in einigen Gebieten nach wie vor zum Einsatz. Dieser Baustoff ist beliebt aufgrund seiner feuchtigkeitsregulierenden Eigenschaften (Lagerung von Obst und Gemüse in Lehmkellern, Außenputz). Lehm entsteht durch Verwitterung aus Fest- oder Lockergesteinen beziehungsweise durch Ablagerung von Sand, Schluff und Ton.

Große Bedeutung hat Lehm auch als das älteste im Bauwesen verwendete Bindemittel sowie als eines der wichtigsten mineralischen Baustoffe in Mischung mit Kalk oder Zement. Gebrannte Ziegel aus Lehm sind in Deutschland als historisch verwendete Baustoffe besonders häufig, beispielsweise bei Fachwerkbauten oder vor 1950 errichteten Gebäuden. In kalkarmen Regionen Deutschlands findet sich nach wie vor Lehmestrich in Kellerräumen, Tennen und Scheunen. Dieser umweltfreundliche und gesunde Baustoff erfreut sich erneuter Beliebtheit im Innenbereich als Lehmputz zum Einbau von Wandheizungen und in der Form von Lehmfarben.

Holz

Holz hat nicht nur Bedeutung für historisch verwendete Baustoffe, sondern findet nach wie vor im Bauwesen Verwendung. Bauholz gibt es im Einsatz als Vollholz, Brettschichtholz oder in Form von Holzwerkstoffen für vielfältige Zwecke, sei es konstruktiv, isolierend, verkleidend oder tragend. Letztere Funktion kommt vorwiegend bei kleineren Gebäuden in Form von Holzrahmenbau, Holzskelettbau und traditionellen Fachwerkbau vor.

Holzwerkstoffe

Holzwerkstoffe bestehen aus einzelnen Elementen, meistens Holzfasern und Bindemittel mit Furnier. Sie lassen sich einteilen in:

  • Vollholzwerkstoffe
  • Furnierwerkstoffe
  • Spanwerkstoffe
  • Faserwerkstoffe
  • Verbundwerkstoffe

Isolierung

Aufgrund der geringen Dichte eignet sich Holz in roher oder verarbeiteter Form als Dämmstoff, sei es für thermische Isolation oder zur Schalldämmung, wie etwa zur Körperschalldämpfung auf Brücken und über Tunnelbauten. Dieser Baustoff ist elektrisch nicht leitfähig, weshalb nach wie vor viele Sendetürme aus Holz bestehen. Brandhemmende Anstriche verringern die Entflammbarkeit und erhöhen die Widerstandsdauer einer Holzkonstruktion. Wasser lässt diesen Baustoff quellen und schwinden, das sogenannte Arbeiten des Holzes.

Verschalung

Als Verschalung im Betonbau ist Holz nach wie vor unverzichtbar: es gibt Schalungsträger, Schaltafeln aus beschichtetem Dreischicht-Holz und Schalelemente aus wasserfestem Sperrholz in Metallrahmen. Derartige Verschalungselemente lassen sich auch teilweise weiterverwenden beziehungsweise hinterher als Brennholz nutzen. Ein neues Anwendungsgebiet für Holz als Baustoff sind Raumfahrt und Satellitentechnik, beispielsweise um das Problem des Weltraumschrotts in den Griff zu bekommen.

Naturstein

Unter bedeutende historisch verwendete Baustoffe, die nach wie vor beliebt sind, fällt auch Naturstein (Feldstein, Bruchstein) aus Steinbrüchen. Der Gewinn von Granit, Basalt, Kalkstein, Marmor, Gneisen oder Tonschiefer erfolgt heutzutage mit Seilsägen, Steinspaltwerkzeugen und Schrämen und nur noch selten unter Verwendung von Sprengstoffen. Natursteine, wie man sie in der Natur vorfindet, sind nach wie vor wichtig in der Industrie bei Zementherstellung oder als Schotter und Granulate (Betonwerkstein). Als Baustoff dienen sie unter anderem im Gartenbau, für den Fassadenbau, im Innenausbau beispielsweise als Küchenarbeitsplatten, Fensterbänke und Treppen und als Rohmaterial für die Steinbildhauerei. Naturwerkstein ist durch seine Widerstandskraft und seine hohe Bandbreite an Farben und Oberflächengestaltungen beliebt, da dies kein Kunstmaterial erreicht.

Aus ökologischer Sicht hat Naturstein gegenüber anderen Materialien viele Vorteile. Für die Gewinnung und Verarbeitung ist im Vergleich zu anderen Materialien ein geringerer Energieaufwand notwendig und es gibt keine Entsorgungsprobleme durch Schadstoffe.

Ziegel

Viele historisch verwendete Baustoffe haben über die Jahre kaum etwas an Beliebtheit eingebüßt. Der quaderförmige Ziegel oder Mauerziegel, auch Backstein und Ziegelstein genannt, besteht aus gebranntem keramischem Material. Unter die Bezeichnung Ziegel fallen in einige Gegenden Deutschlands ebenfalls gebrannte Steine in anderer Form, wie etwa Dachziegel.

Ziegelarten

Der Lehmziegel ist die älteste vorgefertigte Ziegelvariante, welcher in gebrannter und ungebrannter Form vorkam. Seitdem haben sich einige andere Ziegelarten entwickelt.

  • Backstein kommt als Bezeichnung für bei nur 900 Grad Celsius gebrannte Ziegel bei mittelalterlichen Bauten vor, steht in einigen Gegenden als Standardausdruck für Mauerziegel. Bei Ton statt Wiesenlehm und bei höheren Temperaturen gebrannte Tonziegel sind härter und beständiger.
  • Feldbrandziegel sind vorindustrielle, handgeformte Ziegel, mit Holz oder Kohle gebrannt in einem eigens errichteten Meiler. Sie kommen heutzutage nur aus Altbeständen zum Zweck der Restaurierung historischer Gebäude vor.
  • Klinker oder Hartbrandziegel bestehen aus bei 1200 Grad Celsius gebrannten blauem Ton und sind reicher an Alumosilikaten. Dadurch nehmen sie weniger Wasser auf und sind daher wetterbeständiger.
  • Terrakotta sind größer als die traditionellen Ziegel und besonders dekorativ gestaltet.
  • Mauerziegel oder Mauerwerk sind Schalungssteine oder Betonhohlblock-Steine, umgangssprachlich Betonziegel genannt.
  • Blendziegel, Blendsteine oder Verblender dienen an Fassaden zur Verkleidung von Mauerwerk. Es handelt sich dabei um Klinker in einer geometrischen rechteckigen Form mit glatter Oberfläche.
  • Sonderziegel wie beispielsweise handgeformte Ziegel kommen hauptsächlich bei Restaurierungen historischer Bausubstanz vor.
  • Fehlbrandziegel waren früher Ausschussware, entstanden durch fehlerhafte Brennzeiten oder Brenntemperaturen. Heute sind sie begehrt für Kunstwerke.

Kalk

Kalk ist einer der ältesten historisch verwendete Baustoffe, der schon in der Antike verarbeitet wurde. Unter den Sammelbegriff Baukalk fallen alle Baustoffe aus Kalkstein, wie etwa zur Bodenverfestigung oder als mineralisches Bindemittel.

Baukalkprodukte sind beispielsweise eingesumpfter Kalkbrei oder pulverförmiges Weißkalkhydrat, gemischt mit Wasser zur Kalkschlämme oder Kalkmilch. Diese dienen als Anstriche oder als Kalktünche mit desinfizierender Wirkung. Kalkmörtel für Mauerwerk und Innenraumverputz ist eine Mischung von Baukalken mit Wasser und Gesteinskörnung, wie etwa Sand oder Kies. Dieses dient zur Herstellung von Kalkmörtel. Kalksteinmehl kommt in Zementarten vor und dient zur schnelleren Erhärtung und höheren Festigkeit.

Baukalk wirkt alkalisch und führt daher zu Verätzungen der Haut. Besonders beim Vermischen mit Wasser, dem sogenannten Löschen des Branntkalks, ist Vorsicht geboten. Kalkmörtel benötigt den sogenannten Abbindevorgang in Form von zugefügtem Anmachwasser und Wasserdampf in der Luft, so bildet sich eine saubere Struktur. Luftkalke dienen auch zum Herstellen von Kalksandsteinen und Porenbeton. Luftkalkmörtel ist sehr elastisch und kann leichte Spannungen und Bewegungen im Untergrund bis zu einem gewissen Grad ausgleichen, ohne Risse zu bilden. Trocknet Kalkputz jedoch zu schnell in der Sonne oder zu langsam bei Kälte, kann der Putz kreiden oder bröseln.

Veraltete Baustoffe

Als veralteter historisch verwendeter Baustoff gilt Torfit, der besonders um 1920 bei der Herstellung von WC Anlagen sehr beliebt war. Dieser steinartige Baustoff auf Torfbasis hat eine besondere chemische Zusammensetzung, welche den Uringeruch unterbindet.

Steinkohlenteer ist eine zähflüssige schwarze Masse, welche aus Gasen als Nebenprodukt bei der Koksherstellung aus Steinkohle anfällt. Eingeteilt werden Teere in Tieftemperaturteere aus Schwelöfen, Mitteltemperaturteere und Hochtemperaturteere mit niedrigerem Pechgehalt und höherem Gehalt an Benzol, Phenol und Homologen. Aus Steinkohlenteer werden unter anderem Holzschutzmittel für Eisenbahnschwellen und Dachpappe hergestellt.

Früher diente dieses Material für die Herstellung verschiedener chemischer Substanzen, wie etwa Teerfarbstoffe, Phenole, Harze und eine Menge von Aromaten (Naphthalin, Anthracen, Inden, Cumaron). Da Steinkohlenteer Substanzen enthält, die giftig, krebserregend oder umweltschädlich sind, ist die Verwendung von Teer in Deutschland seit 1991 stark eingeschränkt. Stattdessen kommt heute Bitumen, ein Nebenprodukt der schonenden Aufbereitung von Erdölen, im Straßenbau oder bei Abdichtungsarbeiten zum Einsatz.