Eisen und Stahl

Eisen und Stahl sind nach wie vor die wichtigsten Metalle im modernen Alltag. Beide Metalle kommen in großen Mengen vor und sind kostengünstig zu verarbeiten. Eisen kennt man seit der Antike, denn schon vor etwa 3500 Jahren stellten viele Völker einfache schmiedbare Eisenwerkstoffe her. Eisenerze und frühe Verhüttung sind in der Antike nahezu überall zu finden, während die zur Bronze-Herstellung benötigten Metalle Kupfer und Zinn selten waren und nicht an denselben Orten vorkamen. In der Natur kommt dieses Eisenerzmineral meist als Eisenoxid oder Eisencarbonat vor. Dieses Mineral kennt man auch als Siderit oder unter den bergmännischen Bezeichnungen Eisenkalk, Eisenspat, Spateisenstein, Chalybit und Stahlstein. Stahl wiederum setzt sich aus Eisen und einem geringen Anteil von 2 Prozent Kohlenstoff zusammen. Vor dem 20. Jahrhundert nutzte man den Begriff auch für Schmiedeeisen, welches nur 0,3 Prozent Kohlenstoff enthält.

Arten von Eisen

Eisenerze gewinnt man aus der Natur aus dem sogenannten Gemenge, den natürlich vorkommenden chemischen Verbindungen des Eisens und nicht- oder kaum eisenhaltigem Gestein (Gangart oder taubes Gestein). Die wichtigsten Eisenerzminerale sind Magnetit, Hämatit und Siderit, welche zwischen 48 und 70 Prozent Eisengehalt aufweisen. Eisen und Stahl stellen zwar verschiedene Werkstoffe dar, jedoch ist es oft nicht einfach, die einzelnen Arten deutlich zu unterscheiden.

  • Raseneisen: Besonders eisenhaltig sind Vorkommen von Raseneisenstein oder Raseneisenerz. Dabei handelt es sich durch Eisenminerale verfestigte Sedimente, meist Sand, Ton und Schluff beziehungsweise organische Elemente, vor allem Torf. Weitere Anreicherungen wie Mangan, Phosphor und andere Elemente sind ebenfalls üblich. Diese Raseneisenerze stellen die ältesten Eisenquellen der Zivilisation dar, gemeinsam mit den seltenen Eisenmeteoriten.
  • Roheisen: Unter Roheisen versteht man ein Hochofen Zwischenprodukt bei der Stahlherstellung.
  • Schmiedeeisen weist Eigenschaften von Eisen und Stahl auf. Es kann Eisen sein, bei welchem vor der Verwendung noch die Schlacke durch Schmieden auszutreiben ist (Eisenschwamm). Bis ins 20. Jahrhundert bezeichnete man Schmiedeeisen auch als Stahl, obwohl es nur 0,3 Prozent Kohlenstoff enthält. Heutzutage versteht man darunter von Kunstschmieden bearbeiteter Stahl. Bei diesen durch Schmieden in Form gebrachten Handwerksprodukten handelt es sich meist um Tore, Geländer, Brüstungen, Beschläge und Kerzenständer.
  • Gusseisen ist zum Schmieden zu hart und zu spröde, denn es enthält mehr Kohlenstoff als Stahl (über 2 bis zu 4 Prozent). Einige der zahlreichen Gusseisensorten enthalten zusätzlich Silicium zur Verbesserung Gießbarkeit. Weitere Legierungsanteile können Mangan, Chrom oder Nickel sein zur Erhöhung der Korrosionsbeständigkeit. Eine neue Werkstoffentwicklung ist Gusseisen mit Vermiculargraphit. Anhand der Farbe der Bruchstellen unterscheidet man weißes und graues Gusseisen (Grauguss). Grauguss ist ein guter Wärmeleiter, hat gute Dämpfungs- und Selbstschmiereigenschaften und eignet sich daher besonders im Maschinenbau.

Stahl

Eisen und Stahl sind direkt verwandte Werkstoffe, denn Stahl besteht überwiegend aus Eisen mit einem geringen Kohlenstoffanteil von maximal 2 Prozent. Weiters sind oft unerwünschte Rückstände von Phosphor, Schwefel und weiteren Verunreinigungen enthalten. Die Vorteile dieser Eisen-Kohlenstoff-Legierung sind, dass sich das Material warm oder kalt umformen, walzen, biegen, ziehen und schmieden lässt und in großen Mengen und zu geringen Kosten verfügbar ist. Diese Eigenschaften lassen sich überdies durch Legieren und Wärmebehandeln weiter variieren. Daher zählt dieser Baustoff zu einem der vielseitigsten Konstruktionswerkstoffe und ist nahezu unbegrenzt wiederverwertbar. Die Stahlproduktion beträgt Milliarden Tonnen pro Jahr und übertrifft die Menge aller anderen metallischen Werkstoffe zusammen um mehr als das Zehnfache.

Bedeutung der Stahlindustrie

Bereits vor etwa 3000 Jahren kannte man bei einigen Kulturen einfachen härtbaren Stahl, welcher sich beispielsweise im Hethiter-Reich nachweisen lässt. Denn schon im Altertum schätzte man die hohe Festigkeit, gute Härtbarkeit und vielseitige Verwendung dieses Werkstoffs. Jedoch ist im historischen Kontext bis hin zum 20. Jahrhundert mit der Bezeichnung Stahl meist Schmiedeeisen gemeint. Der sehr geringe Kohlenstoffgehalt früherer schmiedbarer Eisenwerkstoffe von 0,3 Prozent entspricht kaum dem heutigen Standard von etwa 2 Prozent Kohlenstoffanteil. Zur Stahlherstellung benötigt man also sowohl Eisen als auch Kohle oder Holzkohle. Das machte die Gewinnung von Kohle und Stahl die Hauptsäulen der Schwerindustrie und zugleich Grundlage für die politische Macht eines Staates.

Herstellungsverfahren

Zur Gewinnung von Roheisen wird Eisenerz zusammen mit Koks, welches zugleich als Reduktionsmittel für das Erz, dient in einem Hochofen erhitzt. Das Koks erhitzt einerseits durch Verbrennung das Erz und dient andererseits als, das chemisch gesehen aus Eisenoxid besteht. Das so entstandene Roheisen enthält etwa 4 Prozent Kohlenstoff und verschiedene Verunreinigungen. Für die Stahlerzeugung ist noch das sogenannte Frischen nötig, um unerwünschte Elemente wie Silicium, Mangan, Schwefel oder Phosphor durch Zugabe von Sauerstoff zu verbrennen.

Die industrielle Erzeugung von Stahl brachte einige Frischverfahren mit Oxidation durch Luft hervor. Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts bis in die 1960er waren diese weit verbreitet, gelten heute aber bis auf eines als veraltetet und technisch überholt.

  • Puddelverfahren: Rühren des geschmolzenen Roheisens mit Stangen und anschließendes Schmieden
  • Siemens-Martin-Verfahren (benannt nach Friedrich, Otto und Wilhelm Siemens und Pierre Martin) nutzt einem speziellen Ofen und die Zufuhr von stark erhitzter Luft
  • Bessemer-Verfahren nach Henry Bessemer: Düsen im Boden des Konverters blasen Luft ins flüssige Roheisen (Windfrischen)
  • Thomas-Verfahren ist eine Variante des Bessemer-Verfahrens speziell für phosphorreiche Erze
  • Linz-Donawitz-Verfahren (LD-Verfahren): Rund 72 Prozent der Stahl-Welterzeugung erfolgen nun über das Linz-Donawitz-Verfahren (LD-Verfahren). Hier kommt das flüssige Roheisen aus dem Hochofen in einen großen, schwenkbaren Behälter (Konverter), wo eine exotherme Umwandlung von Roheisen in Stahl stattfindet. Damit der Konverter durch zu hohe Temperaturen Schaden nimmt, kommt zusätzlich Eisen- oder Stahlschrott zur Kühlung hinzu. Denn die zum Schmelzen des Schrottes nötige Energie nimmt einen Teil der Wärme auf. Dennoch können die Temperaturen im Konverter bis zu 1600 Grad Celsius erreichen.

Stahlsorten

Im Register europäischer Stähle waren 2017 über 2400 Stahlsorten aufgelistet, festgelegt in der Norm EN 10027. Stahl lässt sich anhand unterschiedlicher Kriterien einteilen; es gibt Sondervarianten wie Cortenstahl, Dualphasen-Stahl und Duplexstahl. Nach den Umformverfahren unterscheidet man beispielsweise Stahl zum Kaltwalzen und zum Tiefziehen. Weitere Kriterien sind

  • Anwendungsgebiet: Werkzeugstahl, Baustahl, Elektrostahl (erzeugt in Lichtbogenöfen), Panzerstahl, Stahl für den Leichtbau, Offshore-Stahl, Schiffbaustahl
  • Endprodukt: Federstahl, Kettenstahl, Kunststoffformenstahl, Stahl für Druckbehälter, Ventilstahl, Wälzlagerstahl, Formstahl (für Stahlprofile)
  • Wärmebehandlung: Einsatzstahl, Nitrierstahl, Vergütungsstahl
  • Legierung: Kohlenstoffstahl, AHSS-Stahl, unlegierter Stahl
  • Güteklasse: Edelstahl, Grundstahl, Qualitätsstahl
  • besondere Eigenschaften: hitzebeständiger Stahl, nichtrostender Stahl, wetterfester Stahl, zunderbeständiger Stahl, säurebeständiger Stahl, wetterfester Baustahl
  • Temperaturfestigkeit: Kaltarbeitsstahl, Warmarbeitsstahl, Schnellarbeitsstahl

Die Stahlwerkstoffe lassen sich anhand der Legierungselemente, den Gefügebestandteilen und den mechanischen Eigenschaften in Gruppen einteilen.